KBVÖ Stellungnahme zum Zeitungsartikel „Abbaubar bedeutet nicht kompostierbar: Diese Sackerl vermüllen den Biomüll.“

KBVÖ Stellungnahme zum Zeitungsartikel „Abbaubar bedeutet nicht kompostierbar: Diese Sackerl vermüllen den Biomüll.“

Erstellt von Melanie Brait in News 13 Jun 2022

Stellungnahme zum Artikel „Abbaubar bedeutet nicht kompostierbar: Diese Sackerl vermüllen den Biomüll.“

Am 11. Juni erschien ein Artikel mit dem Titel „Abbaubar bedeutet nicht kompostierbar: Diese Sackerl vermüllen den Biomüll.“ Der Kompost & Biogas Verband Österreich begrüßt es grundsätzlich sehr, wenn ein so wichtiges Thema wie die getrennte Sammlung von Bioabfall aufgegriffen wird. Jedoch sehen wir uns aufgrund der fachlich nicht korrekten Darstellung zum Einsatz von biologisch abbaubaren Vorsammelhilfen veranlasst auf wesentliche Punkte aufmerksam zu machen und fachliche Hintergründe zu erklären.

 

Norm für Kompostierbarkeit und biologischen Abbau EN 13432

Die „Kompostierungsnorm“ EN 13432 ist eine Anleitung für ein Untersuchungs- und Bewertungsschema, nach dem eindeutig festgestellt werden kann, ob eine Verpackung, egal aus welchem Material sie hergestellt wird, im Zuge der Kompostierung vollständig biologisch abgebaut wird.

Es werden insgesamt vier Kriterien bzw. Eigenschaften eines Prüfmaterials gemessen:

 

1) Verpflichtende Deklaration der Inhaltsstoffe

Das Prüfmaterial muss grundsätzlich biologisch abbaubar sein kann und frei von bekannt oder unter Verdacht stehenden toxischen oder umweltschädlichen Substanzen sein.

 

2) Vollständige Bioassimilation

Aus der Prüfung des biologischen Abbaus durch eine gemischte Mikroorganismenflora ergibt sich eine vollständige Bioassimilation des Prüfmaterials, was sich durch Freisetzung von zumindest 90% des Kohlenstoffs als CO2 ergibt (wobei die restlichen 10% in neu gebildeter mikrobieller Biomasse gebunden bleiben).

 

3) Vollständiger Zerfall

Unter den Bedingungen einer Kompostierung mit Heißrotte zerfällt die Verpackung und stört deshalb den Kompostierungsprozess nicht. Der Zerfall geschieht aufgrund der biologischen Abbaubarkeit, womit sichergestellt ist, dass sich kleinere Reste, die aufgrund inhomogener Bedingungen in der Kompostierung länger für den vollständigen Zerfall brauchen, nicht im Kompost oder im Boden ansammeln können. Letztlich werden auch diese kleinen Teile während der Kompostlagerung oder im Boden vollständig biologisch abgebaut.

 

4) Keine Beeinträchtigung der Kompostqualität

Ein Kompost, in dem das Prüfmaterial abgebaut wurde, weist keine verringerte Qualität auf als ein Kompost, der aus genau gleichen Ausgangsmaterialien unter gleichen Bedingungen hergestellt wurde.

Ein nach EN 13432 zertifiziertes Material (eine Verpackung) stört daher den Kompostierungsprozess nicht und trägt zu keiner Qualitätsminderung des Kompostes bei.

 

Maßnahmen zur Verringerung der Kunststoffbelastung in Komposten

Unter Leitung der Montanuniversität Leoben wurde im Zeitraum von 2018 bis 2021 an verschiedenen steirischen Standorten ein Projekt durchgeführt, im Zuge dessen u.a. psychologische Maßnahmen zur Verhaltensänderung beim Anfall von biogenen Abfällen untersucht wurden. Die Verteilung von Säcken als Vorsammelhilfen war dabei signifikant die erfolgreichste. Die Androhung von Kosten einer Sonderentleerung hatte schwach signifikante Verbesserungen bewirkt, ein Motivationsschreiben alleine brachte keine Verbesserungen.

 

Auch die kürzlich vom KBVÖ und der BOKU durchgeführten Störstoffanalysen aus 2021 zeigen eine deutliche Verbesserung der Biotonnenqualität durch den Einsatz von EN 13432 zertifizieren Vorsammelhilfen.

 

 

Abbildung: Prozentanteil biologisch abbaubarer und nicht biologisch abbaubarer Vorsammelhilfen am Gesamtanteil der Kunststoff-Vorsammelhilfen (Quelle: Störstoffanalyse BOKU, eigene Darstellung, 2022)

 

Während in Sammelregion 2 der Anteil an biologisch abbaubaren Vorsammelhilfen wesentlich höher ist, ist der Störstoffgehalt deutlich geringer.

 

Praxisversuche Kompostierbarkeit von biologisch abbaubaren Vorsammelhilfen 

Wenn ein EN 13432 zertifiziertes Sackerl in der technischen Rotte nach Stand der Technik verbleibt, dann wird es innerhalb der üblichen Rottedauer gemäß den Vorgaben der europäischen NORM EN 13432 biologisch abgebaut. Untersuchungen des ABF-BOKU mit dem Bio-Kreislauf-Sackerl zeigen z.B., dass in einer nach Stand der Technik geführten Kompostierung innerhalb einer Rottedauer von ca. 10 – 12 Wochen keine Kunststoffpartikel von abbaubaren Knotenbeuteln mehr in der Fraktion >2 mm gefunden werden konnten, was der Einhaltung der EN 13432 entspricht. Darüber hinaus wurden bis zum Versuchsende auch keine Mikrokunststoffpartikel des Materials >0,63 mm gefunden. Auf Grund der EN 13432-Zertifizierung kann davon ausgegangen werden, dass durch den weiteren biologischen Abbau langfristig kein Mikroplastik verbleibt. Falls das Sackerl in der technischen Kompostierung ausgesiebt wird und als Siebüberlauf zur thermischen Behandlung kommt, wird dadurch der Energieinhalt (wenn biobasiert dann sogar weitgehend CO2-neutral) genutzt

 

Einer weiterer Praxistest wurde von C.A.R.M.E.N. e. V gemeinsam mit neun Partnern durchgeführt. Das Projekt fand von Dezember 2020 bis Februar 2022 unter dem Titel „Praxistest Bio-Beutel – Kreislaufwirtschaft mit kompostierbaren Obst- und Gemüsebeuteln“ statt. Die Kompostanalysen bezeugten eine gleichbleibend gute Kompostqualität. Die Fragmente der aussortierten Folienkunststoffe wurden mittels ATR-FT-IR Spektroskopie zur Bestimmung der Kunststoffart analysiert. In keiner, der während der drei Untersuchungskampagnen entnommenen Kompostproben wurden BAW-Folienfragmente nachgewiesen. Auch diese Ergebnisse konnten zeigen, dass die Bioabfallsammlung mit zertifiziert abbaubaren Sackerl eine nachhaltige Ressourcennutzung im Handel, eine qualitativ hochwertige Getrennterfassung von Bioabfällen stärken und gleichzeitig das Risiko des Eintrags von Mikroplastik in landwirtschaftliche Böden reduzieren kann. Biologisch abbaubare Knotenbeutel, welche als Vorsammelhilfe für Bioabfall in der Küche eingesetzt werden, tragen also durch ihre Benutzerfreundlichkeit dazu bei, die Menge an getrennt gesammelten biogenen Abfällen zu steigern und reduzieren somit auch das Restmüllaufkommen.

 

Um die Verbraucher rasch auf den Unterschied zu den bisherigen nicht abbaubaren Plastiksackerln zu sensibilisieren, sollen die Knotenbeutel ein möglichst einheitliches optisches Erscheinungsbild aufweisen.

 

Bezugnehmend auf diesen Artikel ist darauf hinzuweisen, dass in vielen aktuellen wissenschaftlich Studien konventionelle Kunststoffe die Ursache für Mikroplastik im Kompost sind und keinesfalls wie dargestellt zertifiziert biologisch abbaubare Sackerl!

 

Der KBVÖ vertritt mehr als 2/3 der österreichischen Kompostbranche und hat sich in den letzten Jahren in seinen Fachgremien sehr intensiv mit diesem Thema im Interesse seiner Mitgliedsbetriebe auseinandergesetzt.

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