Entstehung im Detail

Die Entstehung von Biogas basiert auf einem natürlichen biologischen Zersetzungsprozess, der in sauerstofffreien Systemen stattfindet. Der Prozess der Biogasentstehung ist eine Folge von verketteten Teilschritten, bei denen das abbaubare Ausgangsmaterial fortlaufend zu kleineren Einheiten bis hin zum Methan und Kohlendioxid, den Hauptkomponenten des Biogases, abgebaut wird. An den einzelnen Stufen des Abbaus sind jeweils verschiedene Gruppen von Mikroorganismen beteiligt.

 

  • In dem ersten Schritt, der Verflüssigung (Hydrolyse), werden die komplexen Verbindungen des Ausgangsmaterials (z.B. Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette) in einfachere, organische Verbindungen (z.B. Zucker, Aminosäuren, Fettsäuren) zerlegt. Die daran beteiligten Bakterien setzen hierzu Enzyme frei, die das Material auf biochemischen Weg zersetzen. Der Vorgang wird durch den pH-Wert (4.5 -6) [Schulz und Eder, 2006] und die Verweilzeit beeinflusst.
  • Die gebildeten Zwischenprodukte wie z.B.: Zucker, Aminosäuren, Fettsäuren werden dann in der sogenannten Versäuerungsphase (Acidogenese) weiter zu niedrigeren Fettsäuren (Essigsäure CH3COOH, Propionsäure C3H6O2und Buttersäure C4H8O2) sowie Kohlendioxid und Wasserstoff abgebaut. Es handelt sich dabei um fakultativ anaerobe – säurebildende Bakterien, die den noch verbleibenden Sauerstoff verbrauchen und so den für die Methanbakterien notwendigen anaeroben (sauerstofffreien) Lebensraum schaffen.
  • Diese Produkte (Fettsäuren, Propionsäure, Buttersäure) werden anschließend in der essigsäurebildenden Phase (Acetogenese), durch Bakterien zu Vorläufersubstanzen des Biogases (Essigsäure CH3COOH, Wasserstoff H2und Kohlendioxid CO2) umgesetzt.
  • In der anschließenden methanbildenden Phase (Methanogenese), dem letzten Schritt der Biogasbildung, wird aus den Produkten der Acetogenese das Methan gebildet. Der optimale pH-Wert liegt bei 7 mit einem tolerierbaren Schwankungsbereich zwischen 6,6 und 8. Da die Methanbakterien am empfindlichsten gegenüber Störungen sind und sich am langsamsten vermehren, werden die Milieubedingungen normalerweise an sie angepasst.

 

In den einzelnen Bildungsphasen sind unterschiedliche Bakterienarten vorhanden, welche auch unterschiedliche Lebensbedingungen benötigen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Abbauphasen und den jeweiligen Bakterienstämmen sind dabei fließend. So benötigen die jeweiligen Bakteriengruppen für den Abbau in ihrer Phase unterschiedlich viel Zeit und unterschiedliche Milieubedingungen.

 

Einflussparameter auf die anaerobe Gärung 
Bei ständiger Zufuhr von organischen Substanzen, wie sie bei den meisten Biogasanlagen erfolgt, laufen die vier Phasen des anaeroben Umbaus nebeneinander und weder zeitlich noch räumlich getrennt ab. Die abbauenden Mikroorganismen sind von unterschiedlichen Milieubedingungen und Einflussparametern abhängig. Nur bei optimalen Milieubedingungen erfolgt ein kontinuierlicher Abbau.

Homogenität
Die frisch eingebrachten Substrate müssen im Fermenter mit dem Gärsubstrat vermengt werden, um für die Bakterien eine gleichmäßige Nährstoffverteilung und ein ausgewogenes Temperaturniveau zu erreichen. Durchmischungseinrichtungen verhindern weiters die Bildung von Schwimm- und Sinkschichten.

Feuchtigkeit
Methanbakterien können nur in einem ausreichend feuchten Milieu arbeiten und sich vermehren. Im Gegensatz zu aeroben Bakterien, Hefen und Pilze können Methanbakterien nur in einer flüssigen Phase existieren [Schulz und Eder, 2006].

Temperatur 
Prinzipiell kann die Methanbildung im Temperaturbereich von 0-70°C stattfinden. Biogasanlagen werden im mesophilen (35-38°C) oder im thermophilen Temperaturbereich (ca. 55°C) betrieben. Im thermophilen Temperaturbereich wird eine höhere Prozessenergie benötigt und der Gärprozess ist instabiler gegenüber Temperaturschwankungen. Die Temperatur im Fermenter wirkt sich auf die Geschwindigkeit der Methanbildung aus. Je höher die Temperatur im Fermenter, umso:

 

  • schneller erfolgt der Abbau des Substrates
  • kürzer ist die Verweilzeit im Fermenter
  • höher ist die Gasproduktion
  • niedriger ist der Methangehalt bzw.
  • umso höher ist der Gehalt an CO2im Biogas und
  • umso empfindlicher sind die Bakterien gegenüber Temperaturschwankungen.

 

BereichTemperatur (°C)
Anmerkungen
psychrophilunter 20geringer Prozessenergiebedarf , langsamer Abbau und geringe Gasproduktion,
lange Verweilzeit der Gülle im Fermenter (über 100 Tage)
mesophil 20-45hohe Prozessstabilität, Verweilzeit 20 bis 30 Tage
thermophilüber 50hoher Prozessenergiebedarf und geringere Prozessstabilität, schneller Abbau,
aber hoher Gehalt an CO2 im Biogas, Hygienisierung möglich,
Verweilzeit 10 bis 15 Tage

 

pH-Wert
Der pH-Wert beeinflusst das Wachstum und die Aktivität der Bakterien. Der optimale pH-Wert für die Methanbildung liegt im neutralen Bereich zwischen 7 und 7,5. Schon geringe Schwankungen des Wertes um den neutralen Bereich bewirken deutliche Aktivitätsverluste der Bakterien.
Bei einstufigen Verfahren stellt sich automatisch ein pH-Wert im optimalen Bereich ein, da die Bakteriengruppen ein selbst regulierendes System bilden.
Der pH-Wert wird durch den Anteil leicht abbaubarer Stoffe stark beeinflusst. Ein zu hoher Anteil leicht abbaubarer Stoffe im Substrat führt zu einer zu schnellen Versauerung und zu einer Hemmung der Methanbakterien. Der durchschnittliche pH-Wert österreichischer Biogasanlagen beträgt im Fermenter 7,7 bei einer Spanne von 6,7-8,4. In den Nachfermentern liegt der mittlere pH-Wert bei 7,9 bei einer Spanne von 7,3-8,6 [Hopfner-Sixt u.a., 2007].

 

Wasserstoffkonzentration
Die Wasserstoffkonzentration beeinflusst bei anaeroben Abbauvorgängen vor allem die Symbiose von methanogenen und acetogenen Mikroorganismen. Die acetogenen Mikroorganismen produzieren Wasserstoff, der durch die methanogenen Mikroorganismen verbraucht wird [Grepmeier, 2002]. Ein sinkender pH-Wert ist ein Anzeichen für eine zu hohe Wasserstoffbildung.

 

Nährstoffversorung
Anaerobe Bakterien benötigen für ihr Wachstum neben organischen Substanzen (Kohlenhydrate, Fette und Proteine) auch mineralische Nährstoffe, Vitamine, lösliche Stickstoffverbindungen und Spurenelemente. Für Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor ist in der Futterration ein Verhältnis von etwa C:N:P = 100:41:1 zu empfehlen [Kalkschmitt und Hartmann 2001].

 

Hemmstoffe
Eine Vielzahl an Substraten, wie z.B. Antibiotika, Desinfektions- oder Lösungsmittel, Herbizide, Salze oder Schwermetalle, können auf die Methangärung hemmend wirken. Die Hemmung ist abhängig von der Konzentration der Hemmstoff, der Zusammensetzung des Ausgangsmaterials sowie der Anpassung der Bakterien an den Hemmstoff. Auch essentielle Spurenelemente können in zu hohen Konzentrationen toxisch für die Bakterien sein.

 

Hemmstoffe können natürliche Bestandteile des Substrats sein der als Fremdstoff über das Futter oder das Entmistungssystem der Fermentation zugeführt werden. Schwermetalle wirken nur hemmend, wenn sie in gelöster Form vorliegen. Sie werden aber auch durch H2S, der bei der Gärung entsteht, gebunden und ausgefällt [Kaltschmitt und Hartmann 2001]. Auch während des Gärprozesses werden Hemmstoffe (z.B. Ammoniak, NH3) gebildet. NH3 wird aus Substraten mit einem hohen Eiweißgehalt gebildet und steht im Gleichgewicht mit der Ammoniumkonzentration (NH4) des Fermenters:           NH3 + H2O –> NH4 + OH .
Ammonium dient den meisten Bakterien als N-Quelle, während NH3 schon in geringen Konzentrationen (ab 0,15 g/l) die Mikroorganismen hemmt. In der Praxis werden je nach Fermentertyp, Prozessparameter und Wechselwirkungen mit anderen Inhaltsstoffen der Substrate unterschiedliche Grenzkonzentrationen für Hemmstoffe ermittelt.

 

Organische Säuren
Kurzkettige Fettsäuren wie Essig-, Propion-, Butter-, Valerian- und Caprionsäure sind Zwischenprodukte in der Vergärung. Bei einem stabilen Prozessverlauf befinden sich die Bildung und der Abbau der Säuren im Gleichgewicht. Die Summe der organischen Säuren sollte unter 2.000 mg/l liegen.
Bei einer Überversorgung der Bakterien mit Substrat oder durch ungünstige Milieubedingungen im Fermenter kann es zu einer Anhäufung an flüchtigen organischen Säuren und zu einem Absinken des pH-Wertes kommen. Die Methanproduktion kann durch die Hemmung der Methanbakterien gänzlich zum Stillstand kommen [Schulz und Eder, 2006] die Bakterien können sich jedoch an gewisse Stoffkonzentrationen anpassen, deshalb ist die Konzentration, ab der die Bakterien geschädigt oder gehemmt werden, anlagenspezifisch und nur schwer zu bestimmen.